Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land
(EG 508)

 

Liebe Leserinnen und Leser,

während ich diese Andacht schreibe, ist die Getreideernte im Gange. Die Gerste ist schon überall abgeerntet und wo sie
zuvor gestanden hat, ist das Feld schon oft wieder gepflügt.

So öffnet sich – mitten im Sommer – schon der Blick in die neue, nächste Jahreszeit, in den Herbst. Wenn die Felder gepflügt sind, werden sie aber für die neue Saat vorbereitet: „Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land.“ Dieses Lied von Matthias Claudius singen wir regelmäßig zu Erntedank.

Saat und Ernte, Pflügen, Streuen, Wachstum und Gedeihen, sind Themen unseres Lebens. Es geht nicht nur um das, was wir aussäen, draußen im Garten, und auf dem Acker, sondern es geht auch um das, was wir im übertragenen Sinne aussäen in unserem Leben, was wir
verstreuen. Wieviel davon habe ich in der Hand, was kann ich beeinflussen, in meinem Sinne lenken und wo bin ich ohnmächtig, wo muss ich loslassen und einwilligen, dass ich nichts tun kann, sondern alles irgendwie Gott übergeben muss mit ungewissem Ausgang?

„Doch Wachstum und Gedeihen stehn in des Himmels Hand.“

Das Lied erinnert mich daran, dass alles, was ich tue, sozusagen ein Teamwork ist zwischen meiner Aktivität und dem, wie Gott sich einbringt in mein Leben. Wenn ein Kind geboren wird, steht uns das sehr deutlich vor Augen: wir können als Eltern alles tun für eine gute und entspannte Geburt wir können klar überlegen: an wen wende ich mich, welche Klinik suchen wir auf, welche nicht. Aber dennoch gibt es gerade bei einer Geburt immer etwas, was wir nicht in der Hand haben und nicht steuern können. Einen Rest, der unplanbar
ist… es gibt immer etwas, von dem ich den Verlauf nicht weiß. Aber! Ich weiß, dass ich mich in all den Unwägbarkeiten Gott anvertrauen kann und somit furchtlos, ohne Angst auf alles zugehen kann.

Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen stehn in des Himmels Hand. Nicht nur im Garten und auf dem Feld, sondern insgesamt ist unser Leben ein Zusammenspiel zwischen Gott und uns Menschen. Wenn Kinder größer werden, erkennen wir als Eltern manchmal
die Saat, die wir in sie hineingelegt haben, manchmal aber auch nicht. Da entwickeln sich Kinder manchmal völlig anders, im positiven wie auch im negativen Sinne und Eltern fragen sich: wie kommt das, meine Saat war das eigentlich nicht, es sollte was aufgehen, aber es ist etwas Anderes aufgegangen. Meine Saat geht nicht auf…das erleben auch viele Menschen, die sich einsetzen für andere. „Ich ruf eigentlich immer an, melde mich, kümmere mich, aber von ihm, von ihr kommt nie etwas
zurück. Ich habe immer etwas geschenkt, aber wenn es mal um mich ging, habe ich eigentlich nichts bekommen“…so oder ähnlich höre ich es ganz oft oder erlebe es vielleicht selbst.

Meine Saat geht manchmal nicht auf. Nicht jede Saat geht auf. Wachstum und Gedeihen stehn in des Himmels Hand. Warum ist das so? Warum lässt Gott uns diese oft so frustrierende Erfahrung
machen, dass nichts zurückkommt?
Ich kann das nicht vollkommen beantworten. Aber ich denke an das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld. Da fällt viel Samen unter die Dornen,
auf den Weg oder auf den Felsen und hat damit keine Chance. Nur ein Viertel des Samens fällt auf gutes und fruchtbares Land und bringt dann aber Frucht ohne Ende, hundert-, tausendfältig.
Wenn alles aufgehen würde, könnten wir uns dann nicht vor Früchten nicht retten?. Wie es bei übervollen Obstbäumen ist, wo man nicht weiß wohin mit all den Kirschen, Birnen, Pflaumen…
Reicht nicht das, was wir an Frucht in unserem Leben haben? Ist es nicht genug, um all das, was wir als Defizit empfinden, auszugleichen?
Das, was ich habe und bin, das genügt und das gibt meinem Leben den Sinn.
In diesem Vertrauen wünsche ich Ihnen allen einen guten restlichen Sommer und einen gelingenden Start in den Herbst.
Herzlichst Ihre

Pfarrerin Margret Noltensmeier